Die Erziehung des Rudolf Steiner
Uraufführung
Ein Kind betritt eine Bühne und beginnt zu sprechen. Sind wir bei einer Vorstellung im Theater oder beim Klassenspiel im Rahmen einer Monatsfeier in der Schule? Das Kind scheint nicht besonders alt. Es spricht von sich und seiner Entwicklung. Wir hören von spirituellen Erfahrungen aus einer längst vergangenen Zeit. Die Worte wirken sehr gewählt, beinahe vorbestimmt, als spräche jemand anderes durch das Kind – nur wer? Vielleicht wurde es so erzogen? Ist es doch nur ein Stücktext? Oder hören wir hier eigentlich die Visionen eines Reformpädagogen?
1919 gründete Rudolf Steiner auf der Stuttgarter Uhlandshöhe gemeinsam mit dem Unternehmer Emil Molt die weltweit erste Waldorfschule. Seither hat sich die Waldorfpädagogik zum internationalen Erfolgsmodell entwickelt. Dabei ist die in der anthroposophischen Philosophie Steiners begründete Pädagogik nicht unumstritten und gerade wegen ihrer esoterisch anmutenden Ursprünge wiederholt Gegenstand von Kritik. Doch auch darüber hinaus schlägt sich das Wirken Steiners bis heute in vielen Lebensbereichen nieder: beispielsweise in biologischen Landwirtschaftsstrategien, den Firmenphilosophien von Kosmetikunternehmen oder anthroposophischer und homöopathischer Medizin. Woher stammen die Strahlkraft und Ambivalenz dieser Figur, die von den einen als Prophet vergöttert und von anderen als Urheber realitätsferner Glaubenstheorien verurteilt wird?