Musik ist vielseitig inspiriert
Am 30. April leitet der Pianist und Dirigent Frank Dupree die Stuttgarter Philharmoniker im Konzert der Kulturgemeinschaft in der Liederhalle mit Werken von Edward Elgar, Béla Bartók und Peter Eötvös. Wir sprachen mit ihm über das Programm und sein Verständnis als Musiker.
Auf Ihrer Homepage firmieren Sie als „Pianist, Dirigent, Musiker“. Was umfasst diese dritte Ihrer Berufsbezeichnungen?
„Musiker“ ist das Allgemeine, Umfassende. Ich hatte schon immer Schwierigkeiten, mich auf ein einziges Instrument zu beschränken. Als Kind bin ich schon mit Schlagzeug aufgewachsen, habe dann Klavier gelernt, bin ausgebildeter Schlagzeuger, klassischer Pianist, Jazzpianist, auch im eigenen Trio mit Schlagzeuger Obi Jenne und dem Kontrabassisten Jakob Krupp. Ich arrangiere gerne, komponiere auch selber, würde mich aber deshalb nicht als Komponist bezeichnen.
Sie waren schon mit fünf Jahren Klavierschüler bei der Karlsruher Professorin Sontraud Speidel, sie sind als Jazz-Schlagzeuger ausgebildet, und bei Peter Eötvös haben Sie Dirigieren studiert. Von ihm führen Sie sein „Speaking Drums“-Schlagzeugkonzert mit dem Solisten Kai Strobel auf. Was ist das für ein Stück?
Ein sehr interessantes Stück! Ich habe das Werk schon als Student von Eötvös kennengelernt. Da spricht die Trommel mit dem Solisten und der Solist mit dem Orchester, und Texte aus ungarischen Nonsense-Gedichten und indischen Jayaveda-Brocken antworten auf die Trommel. Das ist ein hervorragendes, sehr feines, durchsichtiges Stück, und der Schlagzeuger kommt darin in vielen Facetten zur Geltung.
Wenn man sich das Video von „Speaking Drums“ mit Martin Grubinger, für den Eötvös das Werk geschrieben hat, anschaut, ist das eine wahrhaft spektakuläre Performance. Grubinger agiert und brüllt da manchmal wie ein japanischer Samurai, habe ich den Eindruck. Ist das Stück so aggressiv?
Das ist die Frage des Interpreten oder der Interpretin. Ich habe schon mehrere Interpretationen von verschiedenen Schlagzeugern gehört, und jedes Mal ist es etwas Neues. Martin Grubinger, das stimmt, geht da wie ein Kämpfer hinein und brüllt die Trommel an. Unser Solist Kai Strobel hat dieses Stück erst kürzlich in der Berliner Philharmonie gespielt. Ich bin sehr gespannt, wie es bei unserem Konzert in der Liederhalle rüberkommt.
Sie sind 31, Kai Strobel ist 30. Braucht es junge Musiker, um dieses Stück zu performen?
Ich empfinde Musik als unabhängig vom Alter. Ich habe Eötvös gesehen, wie er das Stück mit 70 Jahren dirigiert. Wenn man fähig ist, sich darauf einzulassen, ist das immer eine spannende Sache. Letztendlich müssen auch die Musikerinnen und Musiker des Orchesters mitmachen. Man kann auch mit der kleinsten Geste größte Dynamik erzielen, ganz altersunabhängig.
Auch Béla Bartóks „Tanzsuite“ ist ein ungeheuer spannungsgeladenes, dynamisches Werk. Was fasziniert Sie daran?
Daran ist Peter Eötvös nicht ganz unschuldig. Ich war 11 Jahre alt, als ich mein erstes großes Konzert mit ihm erlebt habe. Er dirigierte Bartóks „Concerto for Orchestra“. So habe ich Bartók kennengelernt. Es ist eines meiner Lieblingsstücke, auch seine Klavierkonzerte sind ungeheuer interessant, wie auch die „Tanzsuite“. Es geht ganz stark um den Rhythmus, die Schlagzeuger der Stuttgarter Philharmoniker werden viel zu tun haben. Ein halbes Dutzend Tänze sind aneinandergereiht, die Folklorethemen sind in ein großes sinfonisches Werk eingebaut.
Eigentlich schade, dass wir Sie am 30. April im Konzert mit den Stuttgarter Philharmonikern nicht auch als Pianist erleben können. Sie machen ja auch Konzerte als Dirigent und Pianist in Personalunion.
Ja, gar nicht selten! Im März spiele ich im Konzerthaus Dortmund Debussy-Préludes als Solist am Klavier und dirigiere ein für Orchester bearbeitetes Arrangement der Préludes. Es kommen auch immer öfter Jazz-Improvisationen hinzu, und letztes Jahr habe ich mit den Stuttgarter Philharmonikern ein Projekt mit dem fantastischen Komponisten und Dirigenten H.K. Gruber gemacht, wo ich zuerst als Solist unter seiner Leitung Gershwins Klavierkonzert gespielt und dann H.K. Grubers „Frankenstein!!“ dirigiert habe mit Gruber als Solist. Dieses Konzert werde ich nie vergessen!
Nach Bartók und Eötvös dirigieren Sie Edward Elgars „Enigma Variations“. Was ist denn so rätselhaft, enigmatisch an diesen 16 Variationen über ein eigenes Thema?
Elgar komponiert darin Portrait-Variationen über verschiedene Personen aus seinem Umfeld, und das passt sehr gut zu unserem Konzert-Motto „Versteckte Botschaften“. Ähnlich wie bei Eötvös, wo die Trommeln Botschaften aussprechen, geht es um das Übersetzen in Musik. Was mache ich aus einem Thema?
Welche ist Ihre Lieblingsvariation?
„Nimrod“ ist die Variation, die mir wohl am meisten ans Herz geht. Aber ich mag auch die spritzigen Geigenläufe in der vierten Variation! Und natürlich kommt es auf die spontane Situation im Konzert an, welche Variation mich am meisten begeistern wird.
Frank Dupree, als Musikerpersönlichkeit umspannen Sie den ganzen Bereich von Klassik bis Jazz, traditioneller und zeitgenössischer Musik. Wie sehen Sie die Chancen für solche Konzerte und ihre Publikumsresonanz in der Zukunft?
Ich sehe eine sehr hohe Chance! Gerade abwechslungsreiche Programme können das
Publikum ansprechen, und in diesem Konzert ist für jeden etwas dabei: Bartók als ein moderner Klassiker, bei Eötvös kommen viele Schlagzeugliebhaber auf ihre Kosten, und Elgar spricht das Herz an. Das Schöne an der Musik ist doch, dass sie von allen möglichen Einflüssen inspiriert ist.
Stuttgarter Philharmoniker / 30. April / Liederhalle, Beethoven-Saal / Karten für Mitglieder: 22-46 Euro, Freier Verkauf: 28-60 Euro, Ermäßigung für SchülerInnen und Studierende